Sonntag, 5. November 2017

Schon Urlaub?

Das Hotelzimmer für 45 € war ein düsteres Loch, aber wenn man nachts die Augen zu hat, macht das ja nichts. Auf jeden Fall habe ich gut genug geschlafen, um dem jetzt anhaltenden Nieselregen entgegen zu treten. Es hat bereits die ganze Nacht hindurch geregnet. Frühstück ist nicht im Preis inbegriffen, also gibt es auch nichts. Lediglich in der Bäckerei nebenan hole ich mir 2 Croissants für später.
Mein Navi ist auf "Motorrad" eingestellt, was bedeutet, dass es alle größeren Straßen vermeidet. Als ich dennoch mal ein kurzes Stück auf einer 4-spurigen Straße fahre, lotst es mich zu einer Ausfahrt, die man glatt übersehen kann. Umgehend lande ich auf einem Feldweg-ähnlichen Ministräßchen. Zwischen Kuhweiden, Wiesen und Äckern hindurch schlängeln sich die eigentlich ganz coolen Wegchen durch die Hügel. Der Belag ist zwar (meist) asphaltiert, versteckt sich aber unter erdigem Matsch, Kuhfladen und glitschigem nassen Laub. Vorsicht ist angesagt.
Gegen Mittag bin ich ziemlich durchnäßt, die Handschuhe kann man trotz Lenkerstulpen auswringen. Ich suche eine Tankstelle, aber die sind auf meinen Abwegen ziemlich dünn gesät. Auch mein Navi stellt sich ziemlich doof an - im ersten Versuch wandert die Tanke immer weiter weg, statt näher, das Ergebnis des zweiten Versuchs ist eine Böschung außerorts, an der garantiert nie ein Gebäude stand. Entgegen der Empfehlungen bleibe ich jetzt einfach so lange auf der Hauptstraße, bis ich eine Tankstelle finde. Sie ist unbesetzt und funktioniert nur mit Kreditkarte - aber auch erst mit der zweiten Karte. Also nix mit aufwärmen im Tankstellenraum. Die Handschuhe wandern zum trocknen auf die Zylinder, die Croissants werden ausgepackt, dazu gibt es kaltes Wasser aus der Lenkerflasche. Immerhin hört es jetzt auf zu regnen.

Da ich auf den Sträßchen kaum Kilometer gemacht habe, stelle ich um auf "Autonavigation" und ziele Richtung Lyon. Bald scheint sogar die Sonne - so dass leichtsinnig werde und wieder mehr östlich auf Genf zu halte. Ich freue mich schon auf einen warmen Kakao am Genfer See. Zu früh gefreut! Die Serpentinenstraße schlängelt sich zum Col du Faucille hinauf. Es wird kühler und kühler, die Temperaturen sinken letzlich bis unter 0 Grad. Auf 12 m ist die Schneegrenze, leichter Schneeflaum liegt auf Wiesen und Bäumen. Jetzt fängt es an zu schneien, das Schneetreiben wird dichter und dichter. Als schließlich der Schnee auf der Straße liegen bleibt und eine schlüpfrige Schicht bildet, beschließe ich, umzukehren. Ich weiß ja nicht, wie weit ich noch auf schneeglatter Fahrbahn fahren müsste. Meine Reifen sind auch schon ziemlich runtergehobelt. Sieg der Vernunft!
Auf dem Abstieg begleitet mich der Schnee noch ein Weilchen, dann wird es zumindest von oben trocken - bis mich ein Graupel-/Hagelschauer erwischt. Sein Ende wird mit einem schönen Regenbogen beschlossen.

In Oyonax gönne ich mir dann gegen 16 Uhr endlich meinen Kakao - in einer Art McDonalds. Dazu ein Cookie. Warm werde ich hier zwar auch nicht, aber ich kann wenigstens im Trockenen den Rest den Tages und die Übernachtung planen. In ca. 1 h Entfernung finde ich eine Privatpension für 27 € inkl Frühstück! Na, da bin ich ja mal gespannt! Adresse in's Navi und los! Bald bin ich da. Es geht in Serpentinen Richtung Skigebiet - scheint ja ziemlich außerhalb zu liegen? Egal. Es wird einsamer. Schließlich taucht eine Art Skihütte auf, eine Menge Autos fahren gerade ab. Mein Navi lotst mich weiter - der Weg wird unbefestigt...noch 1,6 km. Nun soll ich in einen Waldweg abbiegen? Ne, das tue ich dann doch nicht. Also zurück zur Hütte und fragen. Tja, hier bin ich falsch. Es ist schon stockdunkel und neblig. Die Hütte schließt jetzt, aber eine nette Angestellte kennt die Unterkunft und versucht mir den Weg zu erklären. Zu kompliziert - unzureichende Französischkenntnisse.  Sie ist so lieb und fährt mit dem Auto (langsam genug) voraus, denn sie wohnt anscheinend ganz in der Nähe. Ich hätte das nie gefunden - insbesondere nicht bei Nacht und Nebel. Die Unterkunft ist ein "ganz normales Haus" in der Ortschaft, also nix Abgelegenes. Die Dame weiß noch nichts von meiner online-Buchung, aber sie nimmt mich trotzdem auf. Während ich mein Gepäck einsammle, schaut sie nochmal nach und hat nun tatsächlich die Buchung bekommen. Großes, geräumiges Zimmer, nett eingerichtet. Riesiges Bad und pikobello Toilette auf dem Gang - muss ich mir mit ein paar Studenten teilen, die heute noch kommen sollen. Kein Problem. Dann werde ich von Marie auf einen Tee eingeladen und sie serviert Kuchen - welch ein Luxus! Kein Vergleich mit letzter Nacht!
Bei einem Blick vom Balkon graut mir vor dem morgigen Tag - es schneit jetzt auch hier ziemlich heftig, die Straße ist schon weiß. Hoffentlich wird das bis morgen besser?

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